Hallo zusammen,

in unserem Sommerurlaub an der Ostsee hatten wir die Gelegenheit, die ehemalige “Heeresversuchsanstalt Peenemünde” auf Usedom bzw. das dort eingerichtete Museum zu besuchen.

Das Museum ist im ehemaligen Kraftwerk der Versuchsanstalt untergebracht, welches wiederum das einzige Gebäude ist, das bis heute erhalten ist. Der Großteil (22 MW) des von diesem Kohlekraftwerk erzeugten Stromes (25 MW) wurde für das nahe gelegene Sauerstoffwerk benötigt, in dem der für den Raketenantrieb notwendige flüssige Sauerstoff hergestellt wurde. Die weiteren Planungen sahen ein weiteres, baugleiches Kraftwerk auf dem weitläufigen Areal der Versuchsanstalt vor, um den immensen Strombedarf zu decken.

Dieser Plan wurde allerdings nach den allierten Bombenangriffen im Sommer 1943 nicht mehr weiter verfolgt, da dann die Produktion der V2 in das KZ Mittelbau Dora am Südrand des Harzes verlagert wurde. Diese Bombenangriffe hatten u.a. auch gezielt die Unterkünfte der Wissenschaftler in Karlshagen zum Ziel (“Operation Hydra”). Wernher von Braun konnte sich knapp in einen Bunker retten und überlebte deshalb. Einige andere starben.

Nach 1945 war das Kraftwerk bis 1990 in Betrieb, da es für die Stromversorgung der Insel Usedom und des Nordens der DDR trotz der Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Lubmin sehr wichtig war. Innerhalb des späteren NVA-Standortes Peenemünde war es sozusagen eine “zivile Enklave”. Das auf den Bildern im Hintergrund sichtbare Umspannwerk wurde in den 1950er Jahren errichtet.

Das Areal der HVA umfasste fast den kompletten Norden und Nordosten der Insel Usedom, bis hinunter nach Zinnowitz. Mehrere KZ-Außenlager wurden errichtet, um den Arbeitskräftebedarf zu decken.

1945 haben die Sowjets die Startrampen bzw. das, was nach den Bombenangriffen noch übrig war, gesprengt. So stehen vom Sauerstoffwerk nur noch Reste. Die Weitläufigkeit des Areals kann man nur noch über Zeichnungen und Karten nachvollziehen (s. Bilder). So hatte alleine die Werkbahn ein Schienennetz über 106 Kilometer. Peenemünde war neben Berlin und Hamburg der einzige Ort, der eine “S-Bahn” besaß, die regelmäßig verkehrte, um die Personen von ihren Unterkünften zu den Arbeitsorten zu befördern.

Über einen Wanderweg kann man die markanten Punkte anlaufen, die Gesamtstrecke beträgt 25 km. Die haben wir uns allerdings u.a. aufgrund der an diesem Tag herrschenden Hitze gespart. Nach Auskunft einer Mitarbeiterin sieht man sowieso nicht mehr viel, da viele “interessante” Punkte aufgrund der immer noch herrschenden Belastung mit Munition und Chemikalien nicht betreten werden dürfen.

Der sogenannte Startpunkt VII, an dem die meisten Exemplare der “Aggregat 4-Raketen” (“V2”) zu Versuchszwecken gestartet wurden, ist bis heute das Vorbild für alle Raketen-Startplätze weltweit.

Ausgehend von Peenemünde wurde Entwicklung und Forschung betrieben, die bis heute Bestand hat. So gingen Wissenschaftler und Ingenieure nach Amerika (Wernher von Braun), nach Frankreich und England. Auch die Sowjetunion sicherte sich die Kenntnisse und setzte diese für Ihre Raumfahrt ein. Amerikaner und Sowjets unternahmen mit erbeuteten V2 -Raketen Versuche, auf denen ihre Raumfahrtprogramme aufbauten. Die Saturn-Rakete, die von Braun für den Mondflug baute, war sozusagen der “Endpunkt” der in Peenemünde begonnenen Entwicklung. Die Briten unternahmen Versuche, stellten aber ein mögliches Raumfahrtprogramm ein. Die Franzosen beschäftigten ebenfalls einen Ingenieur, der maßgeblich an der Entwicklung der späteren Ariadne-Raketen beteiligt war.

Wenn man sich mit Peenemünde beschäftigt, wird man immer 2 Meinungsbildern begegnen. Für die einen ist und bleibt es die Wiege der Raumfahrt, für die anderen ein Ort, an dem unzählige KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene zu Tode kamen. Es ist und bleibt ein zentraler Ort deutscher Geschichte. Ein wertendes Urteil muss jeder für sich selbst treffen.

Aufgrund des Umfangs der Informationen, erlaube ich mir, den Wikipedia-Eintrag zur HVA hier zu verlinken:

https://de.wikipedia.org/wiki/Heeresversuchsanstalt_Peenem%C3%BCnde

Link zu Wernher von Braun:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wernher_von_Braun

Lageplan Peenemünde

Eingang Bunkerwarte

Bunkerwarte

Kohlenbrücke

Gesamtansicht

Startrampe “V1”

Erklärung V1-Startrampe

“V1” auf der Rampe

Erklärung

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Umspannwerk

Tafel V2

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Treppenhaus

Einspritzdüse für Sauerstoff

Zerstäuber für Sauerstoff in der Brennkammer

Museum

Verwirbelungskammer

Leitwerk der V2 (im Abgasstrahl)

Turbopumpe für den Treibstoff

Kompass und Steuerung der V1

Schaltwarte im Kraftwerk für den Eigenbedarf

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Steuerungsmotor der V2

Nachbau Sputnik

Über den Autor: DeltaEcho80

Published On: 22.09.2019|Kategorien: Lost Place|Tags: |
Lechrainkaserne Landsberg / StOÜbpl Landsberg
Gedenkstein am EingangEhemalige Hainberg-Kaserne Mellrichstadt

Ein Kommentar

  1. Sven 22. September 2019 um 17:08

    Vielen Dank für diesen interessanten Bericht über diesen geschichtsträchtigen Ort! Es sind sicher nicht alle Facetten ruhmreich, aber hier wurde die Zukunft erfunden. Unter Berücksichtigung der menschlichen Opfer, kann mann unter Vorbehalt, vom Fortschritt der Menschheit berichten… Die Museums-Einrichtung schafft es innerhalb kürzester Zeit, eine Retrospektive zu schaffen, die einen zwischen Erstaunen und Demut pendeln lässt. Ein Besuch wird von mir dringend empfohlen!

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